BLOG
Allgemein, Sponsoring

Interview mit Marco Girardi von der Gesellschaft zur Förderung des Behindertensports

28. Juli 2021

Marco Girardi: “Menschen mit Behinderung eine Stimme geben zu dürfen, ist für mich eigentlich kein Job mehr.”

Zwei Unternehmen – eine Herzensangelegenheit: Trevision ist glücklicher, neuer Sponsor des ÖBSV.

Mit unserer jüngsten Partnerschaft möchten wir mehr erreichen als Sponsoringziele. Und zwar einen Wandel in der Gesellschaft. Menschen mit Behinderung sollen in alle Lebensbereiche integriert werden. Genau das ist die Mission des ÖBSVs. Dieses hohe Ziel zu unterstützen, ist für uns kein Geschäft, sondern eine gesellschaftliche Verpflichtung – als Unternehmen aber auch als Menschen, die wir hier zusammenleben und zusammenarbeiten.

 

Aufgrund der neuen Partnerschaft spricht Geschäftsführer Marco Girardi mit uns über die Bedeutung des ÖBSV, die Herausforderungen und Belohnungen in seinem Job und den kleinen aber feinen Unterschied zwischen „Sport machen“ und “Sport machen können“ für das Thema Inklusion.

Über den Verein

Der Österreichische Behindertensportverband hat eine klare Mission: Allen Menschen mit Behinderung – von EinsteigerInnen bis zu SpitzensportlerInnen – soll der Zugang zu Sport erleichtert werden. So können sie seine Bedeutung für Gesundheit, Mobilität, Eigenständigkeit, Lebensqualität und Integration erleben und tägliche Bewegung – ob im Team am Volleyballfeld oder alleine beim nordischen Skilauf – in ihr Leben integrieren.

Der Verband erreicht alle Behindertensportler*Innen in Österreich und treibt mit seinem breiten Angebot die Themen Inklusion und die Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderung in Österreich voran. Zu den vielfältigen Aufgaben des Verbands gehören die gezielte Sportentwicklung, die Organisation von Kennenlerntreffen, Schnupperkursen oder die Entsendung zu Turnieren, Weiterbildungen für Bewegungstrainer*Innen, Sportberatung für Menschen mit Behinderung und noch vieles mehr.

Über die Person

Marco Girardi hat die Telekommunikationsbranche hinter sich gelassen, um sich für behinderte Menschen im Bereich Sport einzusetzen. Heute ist der Skisport-Begeisterte Geschäftsführer für die gesamte Rechtevermarktung des Verbands zuständig. Er ist somit verantwortlich für die Themen Sponsoring, Außendarstellung und die Weiterentwicklung der Marke. Zwischen seinen vielen Terminen, haben wir zum Glück Zeit für ein kurzes Gespräch gefunden:

Mit Ihren eigenen Worten: Was ist der ÖBSV und warum ist die Arbeit vom Verband so wichtig?

Der ÖBSV ist notwendig und ein Katalysator für das Voranschreiten von Themen wie Inklusion und Teilhabe behinderter Menschen, alles Dinge, die mit der klassischen Ausübung des Sportes per se nichts mehr zu tun haben, gesellschaftlich aber enorm wichtig sind.

Die Arbeit, die von den vielen ehrenamtlichen Trainern in den Ortsvereinen, Trainingsgruppen und Landesverbänden gemacht wird hat einen hohen Mehrwert, der monetär niemals aufzuwiegen wäre. Wichtig wird sein, sowohl von Verbandsseite als auch für uns als Rechtevermarkter – stets Selbstreflexion zu betreiben und sich zu fragen – wie kann ich es noch besser, einfacher und niederschwelliger schaffen, behinderte Menschen zu mobilisieren, für Sport, Bewegung und Beisammensein in einem Verein zu begeistern.

Pioniere des Versehrtenskilaufs im Kriegsopferverband. Quelle: https://obsv.at/verband/chronik

Anmerkung von Trevision: Die Bedeutung von Sport für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Beeinträchtigung erkennt man bereits in der Gründungsgeschichte des ÖBSVs. In der Nachkriegszeit wurde die Arbeit des Verbands von Kriegsversehrten und blinden Menschen so gut angenommen, dass viele davon freiwillig auf ihre Kriegsopferrente verzichteten, da sie im Sport Selbstverantwortung übernehmen – und sich wieder als „wertvoll“ ansehen konnten. Damals wurde von der Bevölkerung überhaupt nicht verstanden, warum Kriegsversehrte überhaupt Sport machen wollen.

 

Mögen sie Ihren Job im Verband?

Für ein derart sensibles wie auch schönes Thema eintreten zu dürfen, diesen großartigen und so vielschichtigen behinderten Menschen eine Stimme geben zu dürfen, ist für mich eigentlich kein Job mehr, vielmehr eine Aufgabe, die gleichermaßen herausfordernd – und das täglich – wie auch wunderschön ist.


Rewards gibt es hier vor allem, wenn ich beobachten kann und darf, wie gut regelmäßige Bewegung und sportliche Ertüchtigung sich auf das Leben behinderter Menschen auswirkt, wie diese förmlich aufblühen und so ihren Platz in der Gesellschaft besser und leichter behaupten können.

“Mir persönlich gefällt im Grundsatz der Gedanke ganz gut, dass oft die Sportart den/ die angehende/n Sportler*In mit Behinderung findet und nicht umgekehrt.”

Welchen Sportarten widmet sich der Verein?

Grundsätzlich sind alle populären Sportarten, die wir kennen für Menschen mit Behinderung ausübbar und erlernbar. Es gibt aber auch exotisches wie E-Rolli-Fußball, Race-Running oder Rollstuhlrugby.

Mir persönlich gefällt im Grundsatz der Gedanke ganz gut, dass oft die Sportart den angehenden Sportler mit Behinderung findet und nicht umgekehrt, da nicht Wenige Sport über Bewegungstraining kennengelernt haben, eine Art Beschnuppern quasi.

Anmerkung von Trevision: Der Verband schließt keine Behinderungsgruppen aus – und somit auch keine Herausforderungen. Von Menthalbehindertensport bis Rollstuhlsport, Sport für Blinde- und Sehbehinderte oder Menschen mit technischen Hilfsmitteln wie Prothesen wird auf die einzelnen Anliegen der Gruppen von Kompetenzgremien Rücksicht genommen und gezielt darauf eingegangen.

Und an welches Alter richtet sich das Angebot?

Ich sage dazu gern salopp „es wird Sport von 6-99 angeboten“.

Können auch Menschen ohne Beeinträchtigung vom ÖBSV profitieren?

Es gibt eine klare Bekenntnis zum Thema Inklusion innerhalb des ÖBSV, es ist überdies aber durch Kooperationen mit anderen Sportklubs immer schon so, dass gesunde und behinderte Menschen miteinander gesportelt haben.

Anmerkung von Trevision: Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigung werden durch die Erwartung an einen hohen Arbeitsaufwand in den meisten Vereinen außen vor gelassen. Das Wissen über die notwendigen Anpassungen von Trainingsplänen oder des Regelwerks fehlen schlichtweg. Bewegungstrainer*Innen müssen anders ausgebildet sein. Das fängt bereits im Turnunterricht in Schulen an. Auch hier leistet der ÖBSV einen wichtigen Beitrag und bietet in Zusammenarbeit mit Hochschulen Ausbildungen für Betreuer*Innen sowie Schulungen für ein inkludierendes Sportangebot an Schulen an.

 

Ist der ÖBSV nur für professionelle SportlerInnen gedacht?

Nein, wenngleich der ÖBSV auf die vielen Teilnehmer bei internationalen Events wie den Paralympics, WMs und EMs und die Vielzahl an Medaillen sehr stolz sein kann, so ist es doch der Volks- und Breitensport in den über 100 Sportvereinen im ganzen Land, die eine wesentliche Kernkompetenz darstellen.

Anmerkung von Trevision: Seit 2003 hat der Verein einen gesetzlichen Anspruch auf Bundes-Sportförderung und sichert sich somit die Grundfinanzierung. Trotzdem sind weitere Einnahmen aus Sponsoring und von großzügigen SpenderInnen von enormer Bedeutung. Neben sparsam eingesetzten Ausgaben für administrative Tätigkeiten müssen Handicap-Gruppen, Sportreferate, nationale Veranstaltungen, Entsendungen zu internationalen Groß-Sportveranstaltungen und Vorbereitungen dafür sowie Jugend- und Gesundheitssportprojekte und schließlich der Ankauf von Sportgeräten gesichert werden.

 

“... ich blicke hier nicht nur auf das Hier und Jetzt, sondern auch auf alles, was noch vor uns liegt.”

 

Geben Sie uns bitte einen Ausblick in die Zukunft. Was sind die wichtigsten Ziele des ÖBSV in den nächsten 5 Jahren?

Mehr Inklusion, den Breitensport stärken, die Marke ÖBSV noch bekannter machen und last but not least dafür sorgen, dass wir noch mehr starke Partner im heimischen Gewerbe finden, die diesen Weg nicht nur toll finden, sondern selbigen auch begleiten und stützen möchten.

 

Für die Partnerschaft mit Trevision wünsche ich mir, dass sie für beide Seiten gleichermaßen inspirierend, wie auch befruchtend sein möge. Ich blicke hier nicht nur auf das Hier und Jetzt, sondern auch auf alles, was noch vor uns liegt und freue mich auf viele gemeinsame Schritte, die wir setzen können.

 

Vielen Dank für das Interview!

Wir freuen uns genau wie Marco Girardi auf eine inspirierende, gemeinsame Zeit und bedanken uns nochmals für die Chance dieses wichtige Thema als Sponsor unterstützen zu können.